Nachtangelverbot: Aufheben oder Beibehalten?
In der gültigen Landesfischereiverordnung aus dem Jahr 1998 steht in § 3 (1) geschrieben: „Der Fischfang ist nur eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang, der Aal-, Wels- und Krebsfang bis 24 Uhr, für den Zeitraum der Einführung der mitteleuropäischen Sommerzeit bis 1 Uhr, gestattet“.
Immer wieder äußern sich Stimmen für die Aufhebung des Nachtangelverbots. Im Jahr 2011 wurde vom Regionalverband „Verband für Fischerei und Gewässerschutz“ eine Umfrage der Vereinsvorstände durchgeführt. Eine Beteiligungsquote von lediglich 43% sowie der ähnliche prozentuale Stimmenanteil für und gegen eine Aufhebung des Nachtangelverbots (23% und 20%) ließ die Frage als „unbeantwortet“ offen. Auch der „Landesfischereiverband Südwürttemberg-Hohenzollern“ befragte im Jahr 2011 seine Vereine. Die Auswertung ergab eine Wahlbeteiligung von 46%. Davon stimmten 9% für das Beibehalten und 37 % für die Aufhebung des Nachtangelverbots. Demnach spricht sich der „Landesfischereiverband Südwürttemberg-Hohenzollern“ für die Aufhebung des Nachtangelverbots aus.
Bis Anfang Mai diesen Jahres war im Internet eine Petition für die „Aufhebung des bestehenden Nachtangelverbots in Baden-Württemberg“ aktiv. Dabei konnten bundesweit weniger als 6000 Stimmen gesammelt werden. Aufmerksame Leser fragen sich zu Recht, weshalb eine Petition zum Nachtangeln in Baden-Württemberg bundesweit durchgeführt wird.
Aktuell wurde vom Regionalverband „Landesfischereiverband Baden“ aufgrund eines vom Angelverein Karlsruhe, anlässlich der Jahreshauptversammlung, gestellten Antrags eine Verbandsumfrage zum Nachtangeln durchgeführt. Diese Verbandsumfrage lief im Mai 2013 aus. Hierbei stimmten 72% aller Mitglieder bzw. 69% aller Vereine ab. Die Mehrheit war gegen eine Aufhebung des Nachtangelverbots: 282 Stimmen (41%) waren für die Beibehaltung des Nachtangelverbots und 173 Stimmen (31%) waren für die Aufhebung des Nachtangelverbots.
Tabelle 1: Derzeitiger Stand der Verbandsumfragen zum Nachtangelverbot. (1): Die Stimmenanzahl wurde mithilfe des Stimmenverteilungsschlüssels vergeben. (2): Stimmenanzahl wird vom entsprechenden Regionalverband nicht bekannt gegeben.
Wahlbeteiligung | Aufheben | Beibehalten | Resultat | |
LFV Baden | 72% | 173 Stimmen(1) 31% | 282 Stimmen(1) 41% | Beibehaltung des Nachtangelverbots |
LFV SWHZ | 46% | 62 Stimmen 37% | 16 Stimmen 9% | Aufhebung des Nachtangelverbots |
BSFV | Umfrage steht noch aus | |||
VFG | 43% | 23%(2) | 20%(2) | „unbeantwortet“ |
Sowohl die Aufhebung als auch das Beibehalten des Nachtangelverbots kann mit entsprechenden Argumenten begründet werden. Im Folgenden werden einzelne Argumente beider Seiten aufgeführt:
Argumente für das Aufheben:
- Im Vergleich zu den Regelungen anderer Bundesländer ist Baden-Württemberg das einzige Bundesland mit einem bestehenden Nachtangelverbot.
- Berufstätige Angler haben durch das Nachtangelverbot insbesondere in den Wintermonaten nicht ausreichend Zeit zur Ausübung ihres Hobbies. Nimmt man eine weitverbreitete Arbeitszeit von 9:00 bis 18:00 Uhr an, so bleibt je nach Jahreszeit bis eine Stunde nach Sonnenuntergang nicht viel Zeit zum Angeln.
- An öffentlich zugänglichen Gewässern halten sich Nicht-Angler vielerorts bis in die Nacht auf, um diverse Freizeitaktivitäten auszuüben. Infolgedessen muss der Angler in solchen Fällen spätestens um Mitternacht (Winterzeit) das Angeln einstellen, während Nicht-Angler weiterhin ihren Aktivitäten am Gewässer folgen können.
Argumente für das Beibehalten:
- Die Aufhebung des Nachtangelverbots würde zu einer verstärkten Störung der Tier- und Pflanzenwelt am Gewässer führen. Neben den Fischen und diversen Kleinsäugern würden insbesondere zahlreiche Vogelarten wesentlich in ihrer Nachtruhe behindert. Folglich hätte das Gewässer keine Ruhezeit mehr, in der es ungestört sein kann.
- Durch die Aufhebung des Nachtangelverbots würden nächtliche Kontrollen nötig werden. Es stellt sich die Frage, inwieweit den Aufsichtspersonen, also meist den ehrenamtlichen Fischereiaufsehern weitere Kontrollen bei Nacht zuzumuten sind.
- Angler können insbesondere im Sommer ausreichend viel Zeit zur Ausübung ihres Hobbies am Wasser verbringen. Des Weiteren besteht für den Aal-, Wels- und Krebsfang eine Sonderregelung, nach der man auf diese Arten bis 24 Uhr (Winterzeit) angeln darf.
Lässt man sich die Argumente für die Aufhebung bzw. das Beibehalten des Nachtangelverbots durch den Kopf gehen, so scheinen beide Seiten handfeste Argumente zu haben. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass das nächtliche Angeln von den meisten Naturschutzverbänden abgelehnt wird. Ebenso müssen die Aussagen der Naturschutzverbände und der Politik zur Novellierung des Fischereigesetzes beachtet werden. Beispielsweise wurde gefordert, die Fischerei aus Schutzgebieten auszuschließen. Da 50% der naturnahen Gewässer in Schutzgebieten liegen, hätte eine derartige Änderung des Fischereigesetzes weitreichende negative Konsequenzen. Darüber hinaus ist auch die Fischereiverwaltung gegen eine Aufhebung des Nachtangelverbots. Somit gilt es abzuwägen, ob der Nutzen einer Aufhebung des Nachtangelverbots, also dem erlaubten Nachtangeln über die bereits bestehende Regelung hinaus, die erwähnten Kosten rechtfertigt. Jeder einzelne kann neben den Argumenten für und gegen eine Aufhebung des Nachtangelverbots die Kosten und den Nutzen abschätzen, um sich eine eigene Meinung zu diesem Thema zu bilden.
Der Dachverband wird erst tätig, wenn von allen Regionalverbänden eine repräsentative Umfrage durchgeführt wurde und eine schriftliche Erklärung über das Thema Nachtangelverbot dem Dachverband vorliegt.